Ehemalige Garnison Engstingen

Eberhard-Finckh-Kaserne

Die Entscheidung, in Großengstingen den ersten Kasernenneubau in Baden-Württemberg nach dem Zweiten Weltkrieg zu erstellen, fällt das Verteidigungsministerium Mitte der 1950er-Jahre. Das 40 Millionen D-Mark teure Projekt entsteht auf dem rund 52 Hektar großen Gelände der ehemaligen Munitionsanstalt Haid. Im Sommer 1956 gibt es dort den ersten Spatenstich.

Knapp zwei Jahre später ist es endlich soweit. Am 23. Februar 1958 marschieren der Kommandeur, Oberstleutnant Hans-Werner Voss, und die rund 400 Männer des Luftlandeartilleriebataillons 9 bei dichtem Schneetreiben durch den Ort auf der Schwäbischen Alb.

Bürgermeister Martin Staneker spricht von „einem Markstein in der Geschichte der Gemeinde“. Großengstingen habe sich zwar nicht bemüht, Garnisonsgemeinde zu werden, habe sich aber mit der Tatsache abgefunden und Verständnis entgegengebracht. 

Eine Woche nach dem Einmarsch der Fallschirmjäger treffen die nächsten Soldaten ein. Sie stellen am 1. März 1958 das neue Panzerbataillon 322 auf, das wenig später die Kennzahl „294“ erhält und bereits Ende 1959 nach Stetten am kalten Markt umzieht.

Nicht viel länger bleiben die Männer des Lehrbataillons der Heeresoffizierschule III, die ebenfalls in einem der elf Kompaniegebäude unterkommen. Der Verband, der noch in Großengstingen in Panzergrenadierlehrbataillon 283 umgetauft wird, verlässt die Alb ebenfalls 1959 Richtung Stetten am kalten Markt.

Wenige Monate später ziehen 200 Soldaten des Beobachtungsbataillons 270 in die Haid-Kaserne um. Sie waren zuvor in den alten Baracken des Neuen Lagers in Münsingen untergebracht.

Die Haid-Kaserne erlebt ein ständiges Kommen und Gehen. Das aus dem Luftlandeartilleriebataillon hervorgegangene Fallschirmartilleriebataillon 255, das Raketenartilleriebataillon 92 und das Fallschirmartilleriebataillon 265 ziehen nach und nach in andere Standorte um. „Die ständigen Wechsel tragen nicht sonderlich zu einer Annäherung zwischen den Soldaten und der Bevölkerung bei”, äußert sich Schultes Staneker enttäuscht. Von Ende 1962 an kommt eine gewisse Kontinuität in das Soldatenleben auf der Alb. Das Bonner Verteidigungsministerium stellt dort das neue Versorgungsbataillon Flugkörper 260 auf, das in den kommenden Jahren in Technisches Bataillon Sonderwaffen 260 und letztendlich in Instandsetzungsbataillon 210 umgegliedert wird.

Im Mai 1963 rücken die ersten Soldaten des neuen Raketenartilleriebataillons 250 ein. Auf dem rund 115 Hektar großen Standortübungsplatz östlich der Kaserne ist inzwischen die Standortschießanlage mit zwei Gewehrständen und drei Maschinengewehr-Ständen fertig gestellt. Auch in der zehn Hektar großen Standortmunitionsniederlage nebenan mit 17 Munitionsbunkern, Wachgebäude und Hundezwinger ist jetzt Munition gelagert. 

Am 30. Juli 1965 erhält die Kaserne auf der Haid ihren Namen. Die Militärs nennen sie nach dem in Bad Urach aufgewachsenen Widerstandskämpfer Oberst Eberhard Finckh. Zu diesem Zeitpunkt sind in den 14 modernen Unterkunftsgebäuden rund 2.000 Männer untergebracht, informiert der Standortälteste.

Aufgrund der Umgliederung bei der aufklärenden Artillerie wird ein Jahr später das Beobachtungsbataillon 270 aufgelöst. Die Unterkünfte bleiben nicht lange leer. Von 1967 an beherbergt die Kaserne Soldaten der US-Armee. Die Männer gehören zum 84th United States Army Field Artillery Detachment, das für die Sicherung der Gefechtsköpfe im Sondermunitionslager Golf zuständig ist, das rund 1,5 Kilometer von der Kaserne entfernt im Meidelstetter Wald gebaut wird.

In den 1980er-Jahren wird der Technische Bereich für mehr als zehn Millionen D-Mark erneuert und erweitert. Außerdem entsteht vor den Toren der Kaserne die neue Standortverwaltung.

1991 teilt das Verteidigungsministerium überraschend mit, dass die Bundeswehr die Eberhard-Finckh-Kaserne und den rund 140 Hektar großen Standortübungsplatz im Osten nur noch bis Ende 1993 nutzen werde. Seit 1. Januar 1994 ist die Garnison Engstingen Geschichte. Auf dem ehemaligen Kasernengelände befindet sich heute der Gewerbepark Haid.

Geschichte der Kaserne von 1958 bis 1993

1993
23. Dezember

Stabsfeldwebel Dierk Grimm ist der letzte Soldat, der die Eberhard-Finckh-Kaserne verlässt.

1993
22. März

Generalmajor Berthold Graf von Stauffenberg, Befehlshaber im Wehrbereich V, stellt den letzten Verband, das Raketenartilleriebataillon 250, außer Dienst.

1992
1. Juli

Die letzten Rekruten rücken in der Eberhard-Finckh-Kaserne ein. Zwei Monate später leisten die 180 Wehrpflichtigen ihren Eid beim Feierlichen Gelöbnis, das bei einem „Tag der offenen Tür“ gefeiert wird.

1991
24. Mai

Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg teilt mit, dass die Eberhard-Finckh-Kaserne mit seinen 1500 Soldaten Ende 1993 geschlossen werde.

1983
Juli

Verteidigungsminister Manfred Wörner, der spätere Nato-Generalsekretär, besucht die Kaserne.

1981
April

Im Zug der Nachrüstungsdebatte findet zum ersten Mal eine Demonstration von rund 700 friedensbewegten Menschen vor der Kaserne statt.

1974
November

Verteidigungsminister Georg Leber stattet der Kaserne seinen Besuch ab.

1968
Januar

Die Arbeiten zur Erweiterung des Technischen Bereichs in der Kaserne beginnen, rund ein Jahr später sind sie abgeschlossen.

1967
Januar

In der Kaserne sind neben den rund 2000 deutschen Soldaten jetzt auch 50 GIs der US-Armee stationiert. Sie sind in Zukunft für die Sicherung der atomaren Gefechtsköpfe im Sondermunitionslager Golf zuständig, das rund 1,5 Kilometer von der Kaserne entfernt im Meidelstetter Wald gebaut wird.

1965
30. Juli

Die Kaserne auf der Haid erhält ihren Namen. Die Militärs nennen sie nach dem in Urach aufgewachsenen Widerstandskämpfer Oberst Eberhard Finckh.

1965
Juni

Zum „Tag der offenen Tür“ strömen rund 50.000 Menschen in die Kaserne auf der Haid. Unter den Gästen ist der ehemalige Boxweltmeister Max Schmeling.

1964
April

Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel lässt sich die Kaserne und den Standortübungsplatz zeigen.

1960
Mai

Verteidigungsminister Franz Josef Strauß stattet der Kaserne auf der Haid seinen Besuch ab.

1959
Dezember

Die ersten Familien von Soldaten beziehen eine der 180 Wohnungen in der neuen Bundeswehr-Siedlung Berg in Großengstingen.

1959
März

Die Bevölkerung hat bei einem „Tag der offenen Tür“ auf der Haid die Möglichkeit, den ersten Neubau einer Kaserne in Baden-Württemberg nach dem Zweiten Weltkrieg in Augenschein zu nehmen.

1958
23. Februar

Im Gleichschritt marschieren die ersten Männer, Soldaten des Luftlandeartilleriebataillons 9, in der neuen Kaserne auf der Haid ein.